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Über das EU-Klimaziel für 2030 und die Industrieausnahmen beim deutschen CO2-Preis haben wir am 15. April mit Anja Weisgerber (CSU) diskutiert.

Anja Weisgerber ist Klimaschutzbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und das macht sie zu einer prädestinierten Ansprechpartnerin für unsere Anliegen. Am 15. April hatte eine Gruppe unserer Aktiven erneut Gelegenheit, sich mit der Abgeordneten aus Schweinfurt auszutauschen.

Schwerpunkte des rund 40-minütigen Gesprächs waren vor allem die anhaltenden Verhandlungen über ein neues EU-Emissionsziel für 2030 und die Carbon-Leakage-Verordnung zum Brennstoffemissionshandelsgesetz, die das Bundeskabinett kurz vor Ostern beschlossen hat (siehe hierzu auch unseren Kommentar). Beim ersten Punkt zeigte sich Anja Weisgerber zuversichtlich, dass die laufenden Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Kommission, EU-Parlament und EU-Rat noch im April – und damit rechtzeitig vor dem Klimagipfel mit US-Präsident Biden am 22.4. – zu einer Einigung führen werden. Das deutet auch ein aktueller Bericht der Internetplattform Euractiv an.

Bei der konkreten Umsetzung eines neuen EU-Emissionsziels für 2030 sind jedoch noch viele Fragen offen: Wie wird der EU-Emissionshandel reformiert, wird er möglicherweise auf weitere Sektoren wie den Verkehr ausgeweitet und wie werden die nationalen Beiträge der EU-Mitgliedsländer im Rahmen des EU-Lastenausgleichs aussehen? Aus Sicht des Klimaschutzes müsste Deutschland seine Emissionen deutlich stärker senken als um die bisher geplanten 55% gegenüber 1990. Die Bürgerlobby Klimaschutz fordert eine Steigerung der Ambitionen auf 70%. Auch Anja Weisgerber befürwortete in unserem Gespräch ein ambitionierteres Klimaschutzziel, gab jedoch zu bedenken, dass dabei auch der Schutz von Arbeitsplätzen berücksichtigt werden müsse. „Wenn wir die Stellschrauben nur in Deutschland anziehen, ist für das Klima nichts gewonnen. Wir müssen die anderen EU-Staaten auch mitreißen.“, so die CSU-Abgeordnete.

Insgesamt plädiert Anja Weisgerber eher für eine Ausweitung des EU-Emissionshandels als für immer strengere Grenzwerte, etwa bei den Kraftfahrzeugflotten. Gegenüber einseitigen Lösungen zeigt sie sich jedoch skeptisch: „Der Europäische Emissionshandel hat gezeigt, dass dies ein sehr effektives Instrument ist, um die CO2-Emissionen in den Sektoren Energie und Industrie zu senken. Auch für die Bereiche Wärme und Verkehr haben wir einen nationalen Emissionshandel eingeführt und setzen darauf, dass Europa nachzieht. Eine Hereinnahme nur der deutschen Verkehrsemissionen in den EU-Emissionshandel, wie sie die FDP befürwortet, halte ich allerdings für schwierig umsetzbar“, so Weisgerber.

Auch zur Carbon-Leakage-Verordnung stellte sich die CDU/CSU-Klimaschutzbeauftragte unseren Fragen – und verteidigte sie dabei gegen Kritik. So hatte unter anderem das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft moniert, dass die Absenkung der EEG-Umlage bei den Industrieausnahmen nicht gegengerechnet würde und dass die Gegenleistungen, die die Unternehmen in Form von Investitionen in den Klimaschutz erbringen müssten, nicht konsequent genug eingefordert würden. Dazu Anja Weisgerber: „Die Senkung der EEG-Umlage gibt es ja nur auf dem Papier. Wir investieren in diesem Jahr viel Geld, um die Umlage auf gleichem Niveau zu halten. Davon profitiert aber die Industrie nicht. Die Carbon-Leakage-Verordnung sorgt nun dafür, dass deutschen Unternehmen die Nachteile durch den CO2-Preis im EU-weiten Wettbewerb bestmöglich kompensiert werden. Die Gegenleistungen der Industrie sind in der Verordnung an einen Wirtschaftlichkeitsvorbehalt gekoppelt, und das ist auch richtig so. Denn nicht in allen Branchen gibt es geeignete Maßnahmen für den Klimaschutz.“

Viel Diskussionsstoff also für künftige Gespräche mit der CDU/CSU-Klimaschutzbeauftragten. Wir freuen uns bereits auf den weiteren Austausch mit Anja Weisgerber nach der anstehenden Bundestagswahl.