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Um die Menschen im kommenden Winter vor Energiearmut zu schützen, ist eine gezielte Unterstützung Einzelner notwendig. Flächendeckende Steuersenkungen oder ein Aussetzen des CO2-Preises wären dagegen das falsche Signal.

Jahrelang herrschte an den Rohstoffmärkten der Welt relative Ruhe. Als Geldanlage schienen sie uninteressant, weil reichlich vorhanden; der Im- und Export lief reibungslos, und Gas und Öl gab es sowieso.

Damit scheint es nun vorbei zu sein: Das Wort von der Mangelwirtschaft macht die Runde, und auch und gerade die Preise für fossile Energieressourcen sind in die Höhe geschossen, seit in den Industriestaaten die schlimmsten Auswirkungen der Corona-Pandemie bewältigt scheinen.

Der kommende Winter könnte daher für viele ungemütlich werden – auch finanziell. Um den Faktor drei sind die Weltmarktpreise für Erdgas in diesem Jahr zeitweise gestiegen. Die Endkunden bekommen die Preissteigerungen zwar weniger stark zu spüren, doch es reicht, um den Begriff der Energiearmut im Land kursieren zu lassen.

Billige Energie lädt zur Verschwendung ein

Die Aussicht, dass ärmere Menschen hierzulande ihre Wohnungen nicht mehr beheizen können, hat die Politik auf den Plan gerufen. Bayerns Ministerpräsident Söder hat eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Energie und Kraftstoffe vorgeschlagen, der Linken-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Dietmar Bartsch, will die nächste Steigerungsstufe des CO2-Preises im Brennstoffemissionshandelsgesetz aussetzen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die Gaspreise in seinem Land sogar komplett gedeckelt.

Damit folgen die drei einer Logik, nach der Politiker jahrzehntelang gehandelt haben: Energie ist ein Grundbedürfnis des Menschen und muss billig gehalten werden – zur Not mit staatlichen Subventionen für fossile Ressourcen. Außer Acht blieb dabei, dass billige Energie eben auch zum Energieverbrauch einlädt und Investitionen in energiesparende Technologien unwirtschaftlich macht.

Wann kommt die Klimadividende?

Deutlich besser wäre es, gezielt jene zu unterstützen, die wirklich von Energiearmut bedroht sind – durch entsprechende Zuschüsse für Geringverdiener etwa. Und statt die CO2-Preis-Schraube zurückzudrehen, sollte der Staat dafür sorgen, dass die Einnahmen aus dem nationalen CO2-Preis komplett an die BürgerInnen zurückfließen – am besten in pro Kopf gleicher Höhe per Klimadividende.

Auch und gerade im Mietwohnungsmarkt sind noch Hausaufgaben zu erledigen. Dort zahlen nach wie vor allein die MieterInnen den CO2-Preis für die Energie, mit der sie ihren Wohnungen heizen. Sie haben aber keinen Einfluss darauf, ob und wann der Vermieter das Haus, in dem sie wohnen, energetisch saniert. Dieses Mieter-Vermieter-Dilemma endlich zu lösen, wird eine wichtige Aufgabe für die (voraussichtlich) kommende Ampelregierung sein.

Subventionen „per Gießkanne“ sind Geldverschwendung

Langfristig brauchen wir steigende Preise für fossile Energien, um die richtigen Investitionsanreize zu setzen. Denn ohne das billige Gas der letzten Dekade würden in Deutschlands Häusern heute schon deutlich mehr Wärmepumpen stehen und ohne die historisch günstigen Spritpreise wären auf Deutschlands Straßen auch schon mehr Elektroautos unterwegs.

Kurzfristig muss die heraufziehende Not natürlich gelindert werden. Doch Gießkannensubventionen sind in aller Regel Geldverschwendung - das zeigte auch die zeitweise Mehrwertsteuersenkung im Jahr 2020, die mit rund 20 Milliarden Euro Finanzvolumen der größte Einzelposten im Corona-Hilfspaket der Bundesregierung war, aber relativ wirkungslos verpufft ist. Hoffen wir, dass die neue Regierung diesen Weg nicht einschlägt, sondern gezielt Menschen dort unter die Arme greift, wo es nötig ist.

Foto: Rike/PIXELIO