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Auf Einladung von Protect our Winters (POW) und der Bürgerlobby Klimaschutz trafen sich auf der Zugspitze Politiker aus vier Parteien, um über Bayerns Weg zur Klimaneutralität 2040 zu diskutieren.

Noch 17 Jahre bis zur Netto-Null – so sieht, kurz gefasst, Bayerns Zeitschiene in Sachen Klimaschutz und Treibhausgasemissionen aus. Wie die Klimaneutralität bis 2040 tatsächlich erreicht werden soll, ist allerdings noch völlig offen. Höchste Zeit, darüber Tacheles zu reden. Zu diesem Zweck hatten die AthletInnenvereinigung Protect our Winters (POW) und die Bürgerlobby Klimaschutz am 8. Juli 2023 VertreterInnen aller Parteien im bayerischen Landtag mit Ausnahme der AfD zum Dialog auf die Zugspitze geladen.

Gefolgt waren der Einladung die Landtags-Fraktionsvorsitzenden Florian Streibl (Freie Wähler) und Ludwig Hartmann (Grüne), der Landtagskandidat der FDP Michael Ruoff, und der 1. Bürgermeister der Gemeinde Grassau am Fuß der Zugspitze, Stefan Kattari (SPD). Nicht erschienen war trotz Einladung die CSU.

Bayerns Dauer-Regierungspartei verpasste damit eine angeregte Diskussion zwischen SportlerInnen, PolitikerInnen und dem Energieexperten Stefan Kigle von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft in München. Seitens POW nahmen die Snowboarder Elias Elhardt und Florian Handschuh, die Autorin und Bergsportlerin Ana Zirner sowie der Koordinator der Organisation Mats Mosel am Dialog teil. Michael Schröder-Schulze vertrat die Bürgerlobby Klimaschutz.

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Foto: Fabian Mühleder

Ein Trainingsplan für die nächsten 17 Jahre

Die Beweggründe für den Dialog beschreibt Initiator Elias Elhardt so: „Wir sind uns bewusst, dass wir Outdoorsportler einen Widerspruch leben – einerseits verbrauchen wir durch die Anreise und Ausrüstung häufig viele Ressourcen, andererseits stärkt der Sport auch unsere Verbundenheit zur Natur. Durch unsere tagtäglichen Erfahrungen in der Natur sehen wir die Veränderungen, die der Klimawandel verursacht, und wissen, dass etwas passieren muss.“ Sein Kollege bei POW, Mats Mosel, fügte hinzu: „Es ist wie manchmal im Sport – es wurden Ziele gesetzt, aber der Weg vergessen. Wir brauchen einen Trainingsplan für die nächsten 17 Jahre!“

Florian Streibl legte dar, dass die Freien Wähler hinter diesen Zielen stünden und die bayerische Staatsregierung bereits einen Plan mit 150 Maßnahmen zum Klimaschutz verabschiedet habe. „Aber wir müssen die Menschen mitnehmen und ihre Herzen gewinnen, denn sie müssen am Ende damit leben. Rigorose Vorschriften des Staates werden da nicht helfen.“

Stefan Kattari versicherte, dass man auf kommunaler Ebene schon mitten in der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen sei. „Aber wir brauchen einen rechtlichen Rahmen“, forderte er. Solange man Partikularinteressen bediene, komme man nicht weiter. Ludwig Hartmann gefiel das Bild vom Trainingsplan, aber man müsse ihn auch verbindlich umsetzen. Er erinnerte an die großen Erfolge des Umweltschutzes in den 1980er-Jahren. „Damals wurden aufgrund gesetzlicher Regelungen das Blei aus dem Benzin oder das Phosphor aus Waschmitteln entfernt und das FCKW verboten, um die Ozonschicht zu schützen.“

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Foto: Fabian Mühleder

Die Technologien sind vorhanden

Ana Zirner sprach das Problem an, umweltgerecht mit dem öffentlichen Nahverkehr in die Bergsportgebiete anzureisen. Martin Ruoff erwiderte darauf, dass das Funktionieren des öffentlichen Nahverkehrs durch einen starken Ausbau des Fern- und Regionalverkehrs bei der Bahn erreicht werden solle. Seine Partei wolle aber auch die individuelle Mobilität CO2-neutral gestalten. Gefördert werden solle dies durch einen CO2-Emissionshandel im Verkehrsbereich und den massiven Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur.

Stephan Kigle, der mit seinem Team eine Studie über die Wege verfasst hat, wie Bayern bis 2040 klimaneutral werden kann, stellte klar: „Alles, was wir jetzt aufschieben, wird später teurer. Wir haben die Technologien, wie E-Autos oder Wärmepumpe. Je schneller wir sie jetzt nutzen, desto günstiger wird es am Ende.“

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Foto: Fabian Mühleder

Mehr Klimadialog, weniger Kulturkampf

Bei dem gut zweistündigen Dialog im Münchner Haus wurden darüber hinaus die Probleme beim Ausbau der Windkraft und der Photovoltaik in Bayern besprochen. Michael Schröder-Schulze äußerte am Ende der Diskussion den Wunsch, dass die Politik nicht Ängste schüren, sondern mehr Sachorientierung in den Dialog mit den Bürgern bringen und diesen gegenüber ehrlich und transparent auftreten solle.

Bleibt zu hoffen, dass die Parteien dies in den kommenden Wochen auch beherzigen – im Bayern wird am 8. Oktober immerhin ein neuer Landtag gewählt. Beitragen dazu könnte auch die Fortführung des Dialogs. Elias Elhardt kündigte nach dem Gipfeltreffen auf der Zugspitze an, in Zukunft weitere Veranstaltungen dieser Art organisieren zu wollen.

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Foto: Fabian Mühleder

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Foto: Fabian Mühleder

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Foto: Fabian Mühleder